
The Last Desert Antarctica
Das letzte grosse Abenteuer auf unserem sonst bis in alle Ecken erforschtem Planeten. So wird die Antarktis oft dargestellt. Ein Mehrtageslauf dort? Geht das? Es war bereits die 8. Austragung des „The Last desert“ von Racing the Planet. Im nachfolgenden Bericht teile ich gern die Erlebnisse dieses sehr speziellen Events mit euch.Tag 1 Auf See
1000 km auf See bis zum ersten Landgang und der ersten Laufetappe. Zwei Tage. Eine lange Zeit. Zumindest wenn es nichts mehr zu tun gibt als Essen, Schlafen, Relaxen. Ab und an mal ein Vortrag über Pinguine (Königspinguine tauchen 500 m tief, um an Tiefseefisch zu kommen) und Gletscherarten (Antarktiseis ist mehr als 4000m dick) als Vorbereitung auf die Eiswüste. Für alle, die ihren Tag nicht in der Kabine vebringen muessen. Die Seekrankheit hat bereits zugeschlagen. Kleber hinter dem Ohr und Pillen helfen nicht immer. Die MV Plancius steuert durch die Drake Passage auf die Antarktis zu. Schwierige Gewässer.
Nach dem Ablegen gestern Abend 18 Uhr der erste Schock: Gepäck kann nicht nur bei Flugreisen abhanden kommen. Auf wundersame Weise hat meine Tasche nicht den Weg vom Pier in Kabine 408 gefunden. Der Cruiseoperator Oceanwide hat die persönliche Habe an Bord direkt in die Kajueten gebracht. Christophe, mein Zimmerkollege für die kommenden Tage, hat seine Tasche bekommen. Aber wo ist die unübersehbare blau-orange abgeschabte Reisetasche, die mich seit Jahren begleitet? Die Suche von knapp 2 Stunden blieb erfolglos. Ali’s Ausrufe über die Sprechanlage blieben ungehört. 15min vor Ablegen immer noch nichts. Meine Stimmung war am Tiefpunkt. Sollte die Reise und das Abenteuer Antarktis hier bereits beendet sein? Dann plötzlich aufgeregte Stimmen: die Tasche wurde zufällig in einer anderen Kabine entdeckt. Die Schnarchnasen, die dort eingezogen sind haben nicht bemerkt, dass da ein Gepäckstück steht, das ihnen nicht gehört.
Wer ist aber eigentlich an Bord? Ausser uns knapp 50 Läufern und Begleitpersonen sind die 116 Plätze auf der holländischen Motor Vessel mit einer chinesischen Reisegruppe und Individualtouristen aus aller Welt besetzt. Einige gehen Campen (!), andere haben Ausflüge mit dem Kajak geplant. Daran ist aber jetzt bei starkem Seegang noch nicht zu denken. Das Schiff war von 1976 bis 2004 für die holländische Marine im Einsatz. Dann wurde es vom Epeditions-Touranbieter Oceanwide übernommen und generalüberholt. Nicht luxuriös, zweckmässig. Ein Restaurant, Bibliothek, Bar und ein Salon gehören dazu. Die Mannschaft setzt sich aus aller Herren Länder zusammen. Philippinen ist die dominierende Nationalität, der Kapitän ist Russe, Deutsche, Spanier, Schweden usw. sind für die Ausflüge und Aktivitäten verantwortlich. Für uns steht der Hauptgrund dieser Cruise fest. Wir wollen bald mal laufen. Wie, wo etc. steht dabei noch nicht fest. In etwas mehr als einem Tag sollten wir in arktischen Gewässern ankommen.
Vergangene Nacht haben wir in der Kabine die Kraft der Meere zu spüren bekommen. Nach Verlassen des ruhigen Beagle Kanals krachten alle losen Gegenstände von Tisch, aus Regalen und vom Schrank. Das Schiff schwankte so stark, dass man im Bett hin und her rollt. Dabei wird der Körper durchgeschüttelt. Der Gleichgewichtssinn wird stark beansprucht. Und es kommt zur Seekrankheit. Christophe’s Kamera hat den Absturz vom Tisch ebenso überstanden wie mein Laptop vom Nachtschrank. Alles halb so wild. Und wir sind bisher auch von Kopfschmerz und Übelkeit verschont geblieben. Freue mich bereits auf die nächste Nacht. Sanftes “in den Schlaf wiegen”. Und morgen nochmal ein ganzer Tag auf dem Kahn. Albatrosse sind fotografiert, das Boot in allen Schieflagen auch. Mal schauen, was wir mit dem Tag dann anfangen.
Tag 2 Auf See
Finnwale und die ersten Eisbrocken sind am Schiff vorbei gezogen. Ein weiterer Tag an Bord der MV Plancius. Die See ist heute wesentlich ruhiger. Aber immer noch stark genug, um Kaffee und andere Heissgetränke zu Waffen werden zu lassen. Breitbeinige Gangart hilft. Wird Zeit, wieder festen Boden unter den Füssen zu haben. Morgen ist es soweit. Das erste Briefing zum Lauf fand heute statt. Auf King George Island, South Shetlands starten wir ins Laufabenteuer Antarktis. 12h sind angesetzt. Kilometer machen, soviel wie möglich ist die Devise.
Stiefel für die Überfahrt mit dem Schlauchboot haben wir bekommen. Laufschuhe sind desinfiziert. Gemäss IAATO (International Association Antarktica Tour Operators) verpflichten sich die Touranbieter, keine fremden Spezis einzuschleppen. Über Regeln zu Nahrungsmitteln, Abfall etc. haben wir auch alle wichtigen Informationen erhalten. Es kann losgehen!
Die Seekrankheit haben die meisten nun auch im Griff. Die Kotztüten in den Gängen werden nicht mehr so nachgefragt. Das dreigängige Mittags- und Abendmenü bleibt, wo es sein soll. Es wird aber auch Zeit, festen Boden unter den Fuessen zu spüren. Eine unruhige Herde Sportabhängiger auf einem mittelgrossen Kahn einzusperren und mehrmals über die Sprechanlage zu ermahnen, dass Rennen an Deck verboten ist, geht nur für einen begrenzten Zeitraum. Unruhe macht sich breit. Kann am gesteigerten Koffeinkonsum liegen oder eben am Bewegungsmangel. Vermutlich eine Kombination aus beidem. Morgen ist das vorbei und wir machen das, wofür der Mensch geschaffen ist.
1. Etappe: Feuer frei
Es geht wieder los. Beim Last Desert in der Antartika ticken die Uhren anders. Apropos Uhren: welche Zeitzone gilt in der Antarktis? Theoretisch könnte der Südpol ja irgendeine Zone annehmen. Es gilt aber tatsächlich immer die Zeit des Landes, das dem jeweiligen Ort hier am nächsten ist. Wir sind von Argentinien angereist und somit Mitteleuropa 4 Stunden hinterher. Aber das nur nebenbei. Warum ticken die Uhren denn bei dem Wettkampf anders? Wir laufen nicht auf eine bestimmte Strecke hinaus, oder nur bedingt, sondern auf Zeit. Heisst konkret: heute waren 12 Stunden Laufen angesetzt. Dabei gilt, so viele Kilometer wie möglich zurückzulegen. Bei Schneefall aufgewacht, in eisiger Kälte mit dem Schlauchboot an Land transferiert und dann in nasskalten Konditionen rennen. Wir waren froh, dass die Zeit schlussendlich auf 10 Stunden verkürzt wurde.
Zwei Wendepunktstrecken mit je 7 Kilometer galt es zu absolvieren. Das Gute daran: jeder sieht jeden, egal welche Leistungsklasse. Das weniger Schöne: der Untergrund wird so richtig zertrampelt. Der Schnee wurde nicht kompakter, sondern zerfiel förmlich zu Pulverschnee. Abwechselnd Schnee, Matsch, Wasser haben domiert heute. Die flach angesagte Strecke war gut profiliert. Anspruchsvoll. Mit einem starken Wind hat das energetisch bei kühlen Temperaturen am ersten Tag bereits richtig eingeschenkt. Bin müde und werde morgen früh noch etwas mehr zum Tag schreiben. Nur so viel vorab: 70 Kilometer und Tagesrang 5 stehen zu Buche. Bin mit Tag 1 zufrieden.
Die Müdigkeit nach den 10 Stunden gestern ist mit einer langen Nacht kompensiert. In Zehen und Fingern ist wieder rote Flüssigkeit. Mittlerweile sind wir unterwegs zum nächsten Anlaufpunkt, Danko Island. Hier noch ein paar Zeilen zu gestern:
Am 1. Tag gleich mal 10 Stunden draussen zu sein, war nicht einfach. Das “Einlaufen” entfiel. Bei anderen Multistage Rennen wird eine kurze Etappe zu Beginn angesetzt, um Terrain und Gegebenheiten kennen zu lernen. Hier haben wir nur 5 Tage. Da muss jeder Moment genutzt warden. Dabei spielt das Wetter eine entscheidende Rolle. Das war gestern nicht gerade super, eigentlich alles andere als das. Der Standort auf King George Island bot sich aber aufgrund der Infrastruktur für einen langen Tag an. Von der russischen Antarktis Station verlief die Strecke fuer 3,5km zum Wendepunkt, der Station von Uruguay. Dort erwartete uns ueber Aussenlautsprecher motivierende 80er Jahre-Musik. Zurück zum Ausgangspunkt und über eine zweite Schleife zur chinesischen Station. Baracken, Antennen, Satelliten und technisches Material stehen in den Camps herum. Was genau geforscht wird, erfahren wir nicht. Zugang ist nicht erlaubt. Einzig die kleine russisch-orthodoxe Kirche darf besichtigt werden. Nach dem Lauf hatte ich so kalt, dass ich froh war, meine Socken irgendwie wechseln zu können. Die Sehnsucht nach Wärme war zu gross. Der Besuch der Kirche wird auf den nächsten Urlaub hier verschoben…
Morgens nach Ankunft auf George Island sprangen ein paar Pinguine am Strand herum. Steinstrand. Freiwillig will hier niemand ins Wasser. Ein Seelöwe tauchte irgendwann auf der Laufstrecke auf. Habe ihn leider verpasst. Sehr imposant sind die Ausmasse der Eismassen. Hohe Berge, Täler, Hochflächen. Meist schnee- und eisbedeckt, teils erden. Die Antarktis gehört niemanden. Es gibt ein Abkommen zwischen den Ländern, die ihre Basis hier haben, keine Waffen zu stationieren oder zu testen etc. Bei Einreise wird kein Passport gestempelt. Es gibt keine zentrale Verwaltung. Die Flora (Mikroorganismen) und Fauna entwickeln sich absolut natürlich. Jagen ist verboten. Friedlich hier. Nur das Klima schränkt das Ganze ein. Auf dem antarktischem Festland wurden die kältesten Temperaturen ever gemessen. Minus 98 Grad. Da läuft nichts mehr.
Heute steht ein kurzer Tag mit 5 Stunden Lauf an. Höhenmeter stehen auf dem Programm. Werde noch ein wenig die Beine hochlegen, bevor es los geht.
2. Etappe: Laufen mit Pinguinen
What a day? Wo soll ich anfangen? Damit, dass wie erst nach dem Mittag gestartet sind und somit einen langen Vormittag bei herrlichem Sonnenschein geniessen konnten? Oder mit der aussergewöhnlichen Location heute? Oder bei den Pinguinen? Oder bei den unvorstellbaren Eismassen? Viele Eindrücke prasselten heute auf uns ein. Und gelaufen sind wir ja auch noch..
Also von vorn. Über Nacht sind wir durch die Gerlache Strasse (benannt nach einem belgischen Polarforscher) zur Danco Island gecruised. Im arktischen Frühling ist es bereits die ganze Nacht hell. Morgens hat uns dann blauer Himmel und Sonnenschein empfangen. Steuer- und Backboardseitig ragen die Inseln aus dem Wasser. Eis und Schnee, wohin das Auge reicht. Nichts wie raus auf Deck. Ein eiskalter Wind bläst. Kameramotive ohne Ende. Lange lässt es sich aber nicht aushalten. Das kann ja ein lustiger Lauftag werden. Das Gute: wir starten erst nach dem Mittag. Werden den Liegeplatz vor der Insel erst gegen Mittag erreichen. Relaxen.
Angekommen vor Danco Island geht es dann schnell. Kleider an. Regenhose und dicken Parka ueber und ab ins Schlauchboot. Die Temperaturen für heute sollten unter den gestrigen liegen. Nachdem ich gestern mit der Laufkleidung etwas verwaxt hatte, wurde heute nachgebessert. Das hat sich als richtig herausgestellt. Die wasserdichten Socken von Dexshell haben ganze Arbeit geleistet. Trockene Füsse sind unter den Bedingungen Gold wert. Zwei Hosen und dickere Handschuhe hben ebenfalls geholfen. Angekommen am Start erwarten uns bereits unzählige Pinguine. Eine grosse Kolonie. Einige trauen sich näher an uns ran. Sind neugierig. Der Mindestabstand, den es nach IAATO Reglement einzuhalten gilt sind 5 Meter. Beim Laufen dann steht schon mal ein Pinguin auf der Laufstrecke. Dann kann es gut passieren, dass man 2-3 Minuten warten muss. Pinguine haben Vortritt.
Vorgelagert vor der Insel bietet sich eine atemberaubende Kulisse. Eisberg in allen Blau- und Tuerkistönen. Steil aufragende Berge mit Gletschern, die ab und an mit Getöse ins Meer donnern. Alles so hell, dass man ohne Sonnenbrille gar nicht sieht. Fotos ohne Ende heute. Die meisten Bilder aber wieder mal im Kopf. Die Umgebung, Temperatur, Geräusche etc. kann man nicht festhalten. Ein sehr spezieller Ort.
Und wir sind ja hier zum Laufen. Auf einer knapp 2 Kilometer Runde halb bergan, den Rest bergab bzw. flach sind 4-5 Stunden angesetzt. Wieder laufen bis der Doktor kommt. Am Ende wurden 3,5 Stunden daraus. 13 Runden kamen für mich dabei rum. Die ersten beiden Runden mussen wir uns den Weg selbst bahnen. Loser Schnee. Versinken bis zur Huefte. Nervig und anstrengend. Danach ist die Spur getrampelt. Es läuft. Dabei immer den Blick auf Pinguine und Eismassen. Einmalig.
3. Etappe Pardise Bay
Nach einer mühsamen Nacht mit schlechtem Schlaf sind wir heute früh aus den Federn. Frühstück um 5 Uhr, Landgang und Start der Etappe war für 6 Uhr angesetzt. Ein Blick aus dem Fenster lässt nichts Gutes erwarten. Das Schiff ist in weiss gekleidet. Es hat geschneit. Dazu ein peitschender Wind. Die Schlauchboote können so nicht ablegen. An Laufen nicht zu denken. Wir sitzen auf Abruf. Stündlich kommt ein Update. Zeit, den gestrigen Tag nochmal Revue passieren zu lassen.
Warum war die Nacht so schlecht? Ein Ergebnis der gestrigen Etappe. Während 9,5 Stunden habe ich 60 Kilometer mit 2000 Höhenmetern zurückgelegt. In losem Schnee. Teils rutschig, teils Pulver. Konnte mir einen Vorsprung herausarbeiten und bin im Total auf Position 4. Ob ich das halten kann?
Aber so eine ungeplante Pause heute macht auch deutlich, dass es bei dem Trip nicht primär um ein Rennen geht. Das Abenteuer und Erlebnis Antarktis ist allgegenwärtig. Den Bedingungen ausgeliefert. Pure Natur. Ich habe die Schönheit so nicht ewartet. Unglaubliche Eindrücke. Die Landschaft ist so atemberaubend. Berge, Gletscher, Meer, Farben. Die Paradise Bay gestern war wieder ein Highlight. Wer Paradise Bay hört, denkt an Palmen und Sandstrand, Sonnenuntergang und Happy Hour. Voll daneben. Eine Bucht umgeben von hoch aufragenden schneebedeckten Bergen, Gletschern bis ins Meer reichend und Treibeis in schillernden Farben. Dazu fast den ganzen Tag Sonne. Hätte kein besserer Tag sein können.
Die Sonne hat auch gleich Spuren hinterlassen. Trotz Schutz mit hohem Faktor verbrennt die Haut schnell. Habe das im Gesicht zu spüren bekommen. Dazu pulsiv hämmernde Beine. Schlafen ist da schwierig. In der Pause heute Vormittag heisst es, Schlaf nachholen. Die meisten sind in ihren Kajüten. Ein paar wenige hängen in der Lounge an der Kaffeemaschine herum. Anders als bei anderen Mehrtagesläufen können wir hier einen gewissen Luxus geniessen. Das Essen ist super. Liegt das am deutschen Küchenchef oder an der philippinischen Küchencrew? Vielleicht an beiden. Die Kombination muss nicht schlecht sein.
Werde mir noch einen Espresso gönnen, bevor es gleich an Land geht. Das wurde soeben über die Lautsprecher mitgeteilt.
4. Etappe Damoy Point
Das war nicht mein Tag. Aufgrund des Wetters wurde die nächste lange 12 Stunden Etappe verkürzt. Am Vormittag hiess das, standby auf dem Schiff rumhängen. Gegen 11 Uhr ging es dann raus mit dem Schlauchboot zum Damoy Point. Rauhe See, leichter Schneefall, Wind. Die Strecke führte über 2,5 Kilometer, wieder mit einigen Höhenmetern gespickt. Start 12 Uhr. Ende offen. Das Schneetreiben nahm zu. Orkanartiger Wind blies über den Berg. Ein Teil lag im Windschatten. Dort war es jeweils richtig warm. Sobald man über die Kuppe kam, zog es dann wie Hechtsuppe. Resultat: Verschwitzt und dann vom Wind unterkühlt. Die Handschuhe waren als erstes durch. Getauscht gegen wasserdichte. Weiter gings. Nach drei Stunden habe ich so gefroren, dass ich zum ersten Mal die dicke Wind- und Regenjacke rausgeholt habe. Nach weiteren 30 Minuten gings dann aufwärts. Das alles hat mich so aus dem Konzept gebracht, dass ich erst nach 4 Stunden so richtig ins Laufen gekommen bin.
Gestecktes Ziel heute: Absichern der Age Group Führung. Das bedeutet, 4,8 Kilometer verwalten. Ich durfte meinen Konkurrenten also maximal einmal vorbei lassen. In den ersten Stunden habe ich ihn dann nochmal überholt. Will heissen: er kann mich zweimal überholen und ich muss nur noch mit ihm in der gleichen Runde bleiben. Taktische Spielchen. Mental konnte ich zu keinem Zeitpunkt heute meine Stärken ausspielen. War so beschäftigt, mich warm zu halten und Energie aufzubringen. Dabei habe ich den direkt hinter mir Platzierten Takuya ausser Acht gelassen. Er konnte sich den 4. Rang zurückerobern. Er war sehr konzentriert und einfach besser heute. Muss man anerkennen. War mir aber insofern egal, da ich den Tag trotz Problemen überstanden habe. Age Group Win gesichert!
Was trägt man aber eigentlich bei einem Lauf in der Antarktis so an Kleidung? Nichts anders als im Winter bei uns zu Hause. Die Temperaturen bewegen sich um den Gefrierpunkt und leicht darunter. Dazu kommt der Windchill Effekt. Im Details so das die letzten Tage so aus:
– langarm Baselayer
– leichter Skipullover
– mittlere Jacke mit Windstopper
– lange Funktionsunterhose
– Laufhose mit Windstopper
– Laufsocken
– wasserdichte Socken
– Trailschuhe mit gutem Profil
– Mütze
– Bufftuch
– Neoprenmaske
– leichte Handschuhe bzw. wasserdichte Handschuhe
– Sonnenbrille bzw. Skibrille
Schuhe hatte ich keine Goretex, da mir Komfort wichtiger war. Und da vertraue ich auf klassische Trailschuhe, in denen ich auch 12 Stunden laufen kann. In Kombination mit wasserdichten Socken ging das sehr gut. Da diese aber aus einem gewöhnungsbedürftigen Material bestehen, habe ich innen normale Laufsocken drunter gezogen.
Nach vier Wettkampftagen sind wir bereits am Ziel angekommen. Das Spezielle bei dem Lauf hier: sobald der erste die 250 Kilometer erreicht hat, ist fertig. Und das hat Ho Chung aus Hongkong geschafft. Die beiden Erstplatzierten haben eine perfekte Leistung abgeliefert. Grosse Anerkennung! Die Bedingungen waren nicht einfach.
Was war aber das Besondere an den vier Tagen Laufen? Sicher mal die Location. Ich habe schon einige Ecken unseres Planeten gesehen. Aber so eine natürliche Schönheit noch nicht. Und dann dort auch noch sportlich aktiv sein zu können. Ein super Erlebnis. An vier Tagen drei Ultradistanzen und einen kürzeren Lauf zu absolvieren ist keine Besonderheit. Aber beim Start jeweils nicht zu wissen, wie lange die Etappe sein wird, habe ich so zum ersten Mal erlebt. Immer eingesellt auf 12 Stunden war ich bereit für alles. Nur am letzten Tag bin ich nicht rein gekommen. Insgesamt aber ein tolles Abenteuer. Einmalige Sache.
Zieleinlauf
Der fünfte Tag an Land diente nur noch einem Foto-Zieleinlauf. Morgens mit dm Schlauchboot an Land und einzeln für ein Bild ein kurzes Stück rennen. In Gummistiefeln, die wir für den Landgang jeweils tragen müssen. Dann gab es die begehrte Medaille. Pinguine als Komparsen. Und eine argentinische Schutzhütte. Davon gibt es einige in der Antarktik. Einfache Bauten mit Schlafmöglichkeit und Notproviant. Unbewirtschaftet. Abenteuer und Forscher sind bei Wetterumbruch oder Unvorhergesehenem dankbar dafür. Ähnlich den Schutzhütten in den Bergen.
Glücklich, zufrieden, erschöpft liegen sich alle in den Armen. Ein fantastisches Erlebnis geht zu Ende. Über Sinn oder Unsinn des Laufens in Runden in Eis und Schnee mit einem riesigen Reiseaufwand kann man sicher streiten. Aber allein die Eindrücke des unendlich scheinenden unwirtlichen Kontinents, die Fabkontraste, die Tierwelt und vieles mehr brennen sich bleibend ins Hirn. Wie bereits mehrfach erwähnt, die Kombination aus Wettkampf und Reise in die entlegensten Ecken unseres Planeten haben ihren eigenen Reiz. Und wer weiss: vielleicht gibt es ja mal ein Rennen irgendwo fern im Universum. Ich wäre dabei…
208 Kilometer Kampf mit tollen Sportfreunden. Anerkennung allen! Egal ob Leader oder Letzter, jeder Einzelne hat sein Bestes gegeben. Jetzt wird es mal Zeit für eine kurze Pause. Das eindrückliche Jahr Revue passieren lassen. Und natürlich weiterhin am Projekt Run for Children arbeiten.