
Testlauf Gobi March 2018
Vom 29. Juli bis 4. August 2018 fand in der Zentralmongolei in der Wüste Gobi ein 250km selbstversorger Wettlauf statt. Eine gute Möglichkeit, noch einmal Ausrüstung und Körper zu testen. Meine Aufzeichnungen der einzelnen Tage findet ihr hier.
1. Etappe Wide Open Mongolia
Endlich geht es los! Die Nervosität unter den Teilnehmern ist zu Ende. Pünktlich 8 Uhr ging es los auf lockere 39km. Locker nur, wenn man den ersten Tag auch entspechend angeht.
Doch zuerst stand gestern mal eine fünfstündige Busfahrt in die Mongolische Steppe an. Das war wohl der anstrengendste Teil der Woche. Auf mehr oder weniger guten Strassen ging es in Minibussen mit Vollgas raus aus der verregneten Hauptstadt Ulan Bator ins einsame Grün. Ein paar Ruinen und Zelte und ein perfekten Sonnenuntergang machen das Camp erträglicher. Die Zelte sind bezogen und die Schlafkameraden für die nächste Woche machen sich bekannt. Immer in der Hoffnung, keinen Schnarcher im eigenen Zelt zu haben…
Und dann ging es los. Rasant. Vom ersten Tag an heisst es, auf den eigenen Körper zu hören. Nicht nervös machen lassen von den schnellen Jungs an der Spitze. Und da sind einige Starke dabei. Ich habe die technisch einfachen Trails und Schotterstrassen auf einem soliden 17. Rang von 230 Startern gefinished. Hügeliges weites Weideland umgeben von aufragenden Bergen haben den Blick immer wieder abgelenkt. Besonders der starke Duft von den Wildblüten verwirrt die Sinne. Die erste kleine Flussquerung war auch schon dabei. Und die Sonne brennt so richtig vom schleierbewölktem Himmel. Alles in allem eine super Szenerie zum laufen. Freue mich auf morgen!
2. Etappe Ein harter Tag in Nomadic Wilderness
Schlecht geschlafen. Total müde am Start. Das sollte auch für die ersten 30km so bleiben…
Der Kurs verlief heute wieder mehrheitlich auf unbefestigten Fahrwegen, aber auch auf einzelnen Singletrails und mal quer durch das kniehohe Steppengras. Anstiege liessen auch nicht lange auf sich warten. Knapp 1000 Höhenmeter auf 47km. Der Rucksack macht sich dabei immer noch schmerzhaft bemerkbar. Mit Wasser wiegt er immer um die 10kg. Das wird in den nächsten Tagen dann mit abnehmenden Esswaren dann weniger. Schlimmer als bergan ist dabei das bergablaufen. Die linke Schulter sticht bei jeder Bewegung. Aber auch das wird nachlassen. Mit zunehmender Renndauer werden die Schmerzen an anderen Stellen des Körpers mehr und lenken sich gegenseitig ab.
Zur Landschaft gibt es nicht viel mehr als gestern zu sagen. Mongolische Einöde, gespickt mit fantastischen Gesteinsformationen, etwa 2km führten durch ein saftiges Hochtal mit Bäumen. Ja, ich muss die Bäume hier speziell erwähnen. Die sieht man sonst den ganzen Tag nicht. Steppengras, flachen Buschwerk und Weideland bestimmen das Bild. Die Sonne ist heute zum Glück hinter einer geschlossenen Wolkendecke versteckt geblieben. Das machte das Laufen bei gemässigten Temperaturen erträglicher.
Als ich dann nach etwa 30km ins Laufen kam, war der Tag auch schon fast zu Ende. Das Camp ist heute an einem speziellen Ort. Nachdem wir während der Tage immer wieder an Jurten, den kreisrunden weissen Zelten der Nomaden vorgekommen sind, werden wir heute darin die Nacht verbringen. Mehr Platz um sich mal richtig zu strecken und zu dehnen. Hoffentlich wärmer als im Zelt und vorallem ruhiger. Schlaf wäre nicht schlecht. In diesem Sinne bis morgen!
3. Etappe From the Mountains to the Dunes
Harter Tag. Aber das schreibe ich ja glaub jeden Tag. Es regnet seit Stunden. Die letzten Läufe sind noch nicht im Camp. Im Zelt ist alles klamm und nass. Das war aber nicht den ganzen Tag so.
Angefangen hat die Etappe in leichtem Nieselregen mit einem super Uphill vom Camp auf 1300m. Knapp 300 Höhenmeter durch Felsen und Gesteinsformationen und auf der anderen Seite über Singletrails wieder runter. Danach mehrheitlich durch Sand. Erst auf Fahrwegen in losem Sand, dann für 5km in den Dünen rauf und runter. Die Passage hat richtig Kraft gekostet. Auf mehr oder weniger langweiligen Schotterpisten, durch Steppengras und einer kurzen Flussquerung kamen wir nach 42km am Camp an. Kurze Zeit später setzte de Regen ein.
Nach einer guten Nacht in der Jurte war mein Gefühl heute von Anfang an gut. Besonders die Kletterpassage am Anfang und der anspruchsvolle Downhill waren mein Highlight. Die Dünen fielen mir eher schwer und wie bei jedem meiner vergangenen Mehrtagesläufe habe ich mich auch prompt verlaufen. Ein knapper Kilometer mehr stand am Ende auf der Uhr. Mit Tagesplatz 18 bin ich auf der anspruchsvollen Etappe absolut zufrieden. Morgen geht es auf den Long March, die Königsetappe über 70km.
Es ist unglaublich, wie viele Dinge mir während des Laufs einfallen, die ich hier schreiben möchte. Angekommen im Camp ist dann alles wie geloöcht. Die Tage nehmen einen gewohnten Ablauf an: Schlafen, Laufen, Schlafen, Essen, Schlafen. Genauso. Alles andere ist wie ausgeblendet. Wir sind hier so weit weg vom Schuss. Selbst der Blog hier ist nicht live online, sondern wird Nachts aufgeschaltet.
Drückt mir die Daumen für morgen. Ich gehe essen und was danach kommt, wisst ihr ja …
4. Etappe und Ruhetag The Long March to the Orkhon Valley
Wir wurden heute evakuiert. Das ist die aktuellste Meldung des Tages. Nach einer Nacht mit starken Gewittern und heftigen Regenfällen drohte das Camp davonzuschwimmen. In Bussen ging es über aufgeschwämmte Weideflächen in den nächsten Ort. Es kam wie es kommen musste. Wir haben uns festgefahren. Dank immer noch genug Power trotz der Anstrengungen der letzten Tage haben wir den Bus mit Manneskraft rausgeschoben. Das ist der Abnteueranteil an dem Event hier. Untergebracht in einer Turnhalle in Karakorum können wir erstmal das ganze nasse Zeug trocknen. Die letzten Läufer kamen heute morgen gegen 9.00 Uhr nach knapp 24h ins Camp. Eine Nacht wie ein Albtraum zwischen mehreren Gewittern und den Regenfällen. Ich war bereits gegen 19 Uhr im Camp und habe das ganze im Zelt mitbekommen. Einzelne Zelte standen unter Wasser, unseres glücklicherweise nicht.
Davor lag die längste Etappe mit 70km. Eine echte Ultradistanz. Durch rollende grüne Hügel, über nichtendend wollende Blumenwiesen und unvermeidlich zig Kilometer auf Schotterpisten forderte der Tag alles ab. Mit knapp über 9h bin ich absolut zufrieden. Doch wie geht man so einen langen Tag an?
Für mich gibt es da drei Strategien:
1. Überleben
2. Ohne Veletzungen oder andere Blessuren ins Ziel kommen
3. Die ersten 50km rennen und danach mal schauen, was noch geht
Da für mich die ersten beiden Punkte erfüllbar waren, richtete ich mich nach Punkt 3. Die Berganpassagen wollte ich gehen, den Rest solide durchlaufen. Das gelang sehr gut und ich konnte auch nach Checkposten 5 (50km) noch sehr gut rennen. Also Kopf runter und durch. Einen motivierenden Film auf die Festplatte im Kopf geladen konnte ich bis zum Schluss ein gleichmässiges Ultratempo anschlagen. Dabei darf man sich nicht aus der Ruhe bringen lassen. Die Jungs und Mädels, die dich bei km20 zu schnell überholen, siehst du später wieder. Und so konnte ich auch bei km 60 noch zwei Mitstreiter überholen. Einige schleppen sich seit Tagen mit schlimmer werdenden Blasen oder anderen Beschwerden rum.
Bei mir sind die Füsse noch wie am 1. Tag. Wie geht das trotz Flussquerungen, Sand, Schweiss etc.? Ich habe da ein (Geheim)Rezept: Gehwol Fusskrem. Selbst australische Läufer beneiden mich um das Produkt. Ist in Australien wohl nicht mehr verfügbar. Ein Muss für lange Läufe unter schwierigen Bedingungen.
Letzte lange Etappe morgen. Mal schauen, ob es aufgrund der Wettersituation Änderungen gibt.
5. Etappe – The Battle Ground Of Ghenkhis Khan
Die Schlachtfelder des Dschingis Khan. Ein passender Name für die heutige Etappe. Dschingis Khan muss in der Mongolei für alles herhalten. Ob er wirklich mal hier gekämpft hat, bleibt uns verschlossen. Für einige Teilnehmer ging es aber heute nochmal um alles. Nach der Königsetappe wurden gestern Zeitabstände gecheckt und jeder wusste, auf wen er heute zu achten hat. Also alle, die hier sind für eine Platzierung. Altersklassenplatzierungen wuden verbessert. Bei den Top 3 ist soundso seit Tagen alles entschieden.
Meine Erfahung mit Ruhetagen haben mich gelehrt, dass es immer schwer ist, danach wieder den Fokus zum Laufen zu finden. Ich laufe lieber fünf Tage durch und bin fertig mit dem Thema, als so ein Hängetag dazwischen. Dementsprechend bin ich auch nicht richtig in Tritt gekommen. Die ersten 21km ging es stetig bergan. Wir waren heute am höchsten Punkt des Rennens auf knapp 1700m. Bäume, Wälder, Schatten. Nach den heftigen Regenfällen der letzten Tage brannte heute die Sonne wieder massiv runter. Die übrigen Kilometer bis zum Zieleinlauf bei km 30 lief es dann gut. Downhill, aus einem Hochtal heraus. Könnte auch igendwo in den Alpen sein.
Am Schluss vor dem Camp dann noch eine Flussquerung mit dem Schlauchboot. Der Fluss hatte zu starke Stroenung zum durchlaufen. Und gerade eben gab es fermentierte Pferdemilch. 5% Alkohol, gewöhnungsbedürftig. Wenn also nicht alles klar und deutlich rüberkommt, liegt es daran. Bin etwas benommen, mein Blick ist bereits verschwommen…
Morgen dann Zieleinlauf in Karakorum. Lockere 9km zum Auslaufen. Freue mich auf die Ziellinie.
6. und letzte Etappe The Final Footsteps to the Ancient City of Karakorum
Done. Finish. Over. Super Zieleinlauf und viele strahlende Gesichter heute Morgen. Jetzt gibt’s erstmal was ordentliches zu essen und dann ist Award Zeremonie.